Die Audio-Uni: ein (Weiter-) Bildungsangebot mit Podcasts

Interview mit Maja Bahrke, der Projektmanagerin der Audio-Uni

Einleitung: Kostenlos Podcasts hören, Unterlagen herunterladen, lernen und studieren – das ist das Prinzip der Audio-Uni. Die Projektmanagerin Maja Bahrke spricht im Interview über das Projekt der Ostfalia Hochschule und die Vorteile dieses „Schnupper-Studiums“. Außerdem verrät sie, was die Audio-Uni mit Medienkompetenz zu tun hat und welche Tipps sie als Ostfalia-Absolventin für Studierende hat.

Bildnachweis: Maja Bahrke

Frau Bahrke, Sie sind wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienmanagement. Dort arbeiten Sie als Projektmanagerin für die Audio-Uni. Was ist die Audio-Uni?

Die Audio-Uni ist ein Projekt der Ostfalia Hochschule, Standort Salzgitter, und wird vom europäischen Sozialfond gefördert. Unser Ziel ist es, Hemmschwellen eines Hochschulzugangs abzubauen. Wir wollen die Hochschule für lernfreudige Menschen öffnen und zugänglich machen. Damit der Einstieg gerade jungen Menschen gelingt, sind die ersten Lerneinheiten als Podcast gestaltet – mit Vortragsanteilen, Interviews und anspruchsvollen Tonaufnahmen. Das „Schnupper-Studium“ beginnt also mit professionell produzierten Radiosendungen. Diese sind genauso gestaltet wie Module in einem Bachelorstudium. Der Unterschied: Jeder kann sich unverbindlich einschreiben, die Unterlagen herunterladen, lernen und studieren. Wer mehr will, kann die zu den einzelnen Bereichen verfügbaren Skripte und Texte lesen oder sich mit Onlinetests selbst überprüfen. Kosten entstehen erst, wenn die Teilnehmenden sich für eine Prüfung anmelden. Jedes Modul kann mit einer Prüfung abgeschlossen werden – die zu erbringende Leistung steht jeweils fest. Für die Zulassung zur Prüfung ist zunächst keine Hochschulzugangsberechtigung nötig. Die Audio-Uni ist somit ein (Weiter-) Bildungsangebot für alle!

Welche Vorteile hat dieses innovative Format?

Der große Vorteil der Audio-Uni ist, dass sie Hürden abgebaut. Und das in vielfacher Hinsicht: Alle, die sich weiterbilden und in ein Studium hineinschnuppern wollen, können dies unkompliziert und unmittelbar ausprobieren. Wir vermitteln Fachwissen und geben direkte Einblicke in die Arbeitsweisen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dazu kommen praxisnahe Einschätzungen unserer interviewten Expertinnen und Experten. 

Mit der Audio-Uni kannst du dein Wissen und deine Qualifikationen themenspezifisch erweitern. Dabei ist es egal, ob du noch in der Ausbildung bist, schon im Berufsleben steckst oder bereits erste Erfahrungen in einem Studium sammeln konntest. Das Angebot der Audio-Uni kannst du nutzen, wann du willst und wo du willst. 

Das ist ein großer Vorteil und ein Angebot, das auf die individuellen Bedürfnisse unserer digitalen Gesellschaft reagiert.

Welche Themen finden Interessierte bei der Audio-Uni?

Derzeit bewegen wir uns – aus der Expertise unseres Institutes heraus begründet – in den Themenbereichen „Onlinemarketing“ und „Journalismus“. Wir haben ein Modul, das sich ganz speziell den „Web Analytics“ widmet, ein zweites thematisiert den Bereich „Content Marketing.“ Ganz neu dabei ist unser Modul „Zur Zukunft des Journalismus“. 

Und was hat die Audio-Uni eigentlich mit Medienkompetenz zu tun?

Ganz viel. Wir müssen dafür zwei Ebenen unterscheiden. Bleiben wir zunächst auf der Seite der Rezipierenden. Der Aufbau der Audio-Uni-Podcastepisoden entspricht in seiner Grundstruktur der Argumentationslogik einer wissenschaftlichen Hausarbeit. Möglichst objektiv wird unter Einbezug vieler Perspektiven ein Erkenntnisgewinn angestrebt. An dieser Stelle lerne ich Diskurs kennen, kann meinen eigenen Standpunkt reflektieren und erhalte medienbezogenes Fachwissen. Gleichzeitig bewege ich mich an einer „virtuellen Uni“, das heißt, ich bin in der Lage, an und mit Medien zu lernen und zu arbeiten. Auf der anderen Seite haben wir diejenigen, die die Inhalte der Podcastepisoden erarbeiten, die Produzierenden. Im vergangenen und in diesem Jahr betreuen wir von der Audio-Uni Studierendengruppen, die genau das machen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Seminare wechseln von der podcastkonsumierenden auf die podcastproduzierenden Seite. Hier wird neben der inhaltlichen Einarbeitung auch technisches Wissen praktisch umgesetzt. Somit beginne ich, die rezipierende Ebene zu verlassen und muss mir darüber Gedanken machen, wie Spreche geschrieben wird, wie Bildungsinhalte verständlich formuliert werden können, wie Stimme, Sprechtempo, Pausen und Betonung eine auditive Wissensvermittlung beeinflussen können. Diese Erfahrung nehme ich natürlich mit, wenn ich mich wieder auf die Rezipientenebene begebe. Nur, dass mein Reflektionsvermögen und meine Wissensbasis jetzt auf einem viel höheren Niveau sind. 

Sie haben Medien- und Kulturwissenschaften studiert, wo haben Sie sich bisher mit Medienkompetenz beschäftigt? Was ist Medienkompetenz für Sie?

Ein kritisches und reflektiertes Nachdenken über gesellschaftliche Herausforderungen hat sich bei mir erst nach meiner Schulzeit entwickelt. Dieses Nachdenken ist ganz stark von Auseinandersetzungen auf theoretischer Ebene im Studium geprägt worden. In den vergangenen zehn Jahren (ich habe 2011 mein Abitur gemacht) habe ich also an meiner eigenen Entwicklung und an dem, was um mich herum geschehen ist, eines sehr deutlich bemerkt: Wir müssen Demokratie neu lernen und das geht nur über eine gesellschaftliche Verantwortungskultur und die ausgeprägte Medienkompetenz aller. Dabei verstehe ich Medienkompetenz als einen Oberbegriff für ganz viele Kompetenzausprägungen, die letztendlich alle kulturelle und politische Teilhabe ermöglichen sollen: Allen voran vielleicht die Kompetenz, selbstbestimmt und sachgerecht handeln zu können, sozial verantwortlich zu agieren, aber auch ganz speziell: Informationskompetenzen – Wie recherchiere ich Quellen? Was sind gute Quellen? Wie überprüfe ich Quellen kritisch? Wie drücke ich mich aus, wenn ich Quelleninhalt wiedergebe? usw. Es gibt keinen Lebensbereich, der nicht von einem medienkompetenten Denken und Handeln profitiert. 

Sie haben selbst an der Ostfalia im Master studiert. Im letzten Jahr wurden Sie für Ihre Abschlussarbeit mit dem wissenschaftlichen Nachwuchspreis ausgezeichnet. Womit haben Sie sich in der Arbeit beschäftigt?

Gemeinsam mit meiner damaligen Kommilitonin, Viktoria Heyer, bin ich in die intensive Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller und Journalisten Egon Erwin Kisch gegangen. Kischs Texte, sein Denken, seine Zugänge und Erlebnisse bieten vielfältige Anknüpfungspunkte – nicht nur im Sinne eines geschichtlichen Verständnisses; sie eröffnen einen Diskurs für aktuelle Fragen in Zeiten, die durch eine Einschränkung des öffentlichen Lebens, Kritik an der Demokratie, Rückkehr von autoritärem Denken, einer Rückbesinnung auf den Nationalstaat und neue Formen von Verfeindlichung und Spaltung der Gesellschaft, wachsendem Antisemitismus sowie von einem digitalen Strukturwandel der Medien und damit verbundenen Herausforderungen für den Journalismus gekennzeichnet sind.

Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?

Die Auseinandersetzung mit Kisch war und ist bedeutsam für mich, insofern hat es mich einfach ehrlich gefreut, dass wir auch die Jury des Nachwuchspreises von unserer außergewöhnlichen Editionsarbeit überzeugen konnten – und uns dadurch Interesse für das Forschungsgebiet entgegenbracht wurde.

Vielen Dank für das Interview!

Worauf freuen Sie sich beim Medienforum 2021 vielleicht schon?

Nicht vielleicht, ganz bestimmt freue ich mich auf den gesamten Tag. Auf neue Impulse, auf alle Speakerinnen und Speaker, auf tollen Nachwuchs aus unseren eigenen Reihen.

Sie haben Ihr Studium erfolgreich abgeschlossen und arbeiten jetzt quasi auf der anderen Seite, in der Lehre. Welche Tipps haben Sie für (Medien-) Studierende? Wie lässt sich ein Studium erfolgreich meistern, welche Möglichkeiten oder Gelegenheiten sollten junge Studierende vielleicht nutzen?

Der „erfolgreiche“ Abschluss ist eine ganz individuelle Sache. Ich persönlich würde den nicht in erster Linie mit sehr guten Noten in Zusammenhang bringen, sondern mit der eigenen Entwicklung. Liebe Studierende, nutzt die Gelegenheit, euch mit Dingen auseinanderzusetzen, die euch wirklich interessieren. Probiert euch aus, macht Erfahrungen, habt Spaß und bleibt in Kontakt. Wer gemeinsam die Hörsaalbank gedrückt und das Mensaessen verdrückt hat, hat die Chance auf echte Freundschaften, die ein Leben lang bestehen.

Vielen Dank für das Interview!

Zur Person

Maja Bahrke studierte Medien- und Kulturwissenschaften an der Bauhaus Universität in Weimar und anschließend Kommunikationsmanagement an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften. In ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit dem rasenden Reporter und Schriftsteller Egon Erwin Kisch. „Der Kisch Code“ gewann den Sonderpreis des wissenschaftlichen Nachwuchspreises beim Medienforum 2020. Seit Juni 2020 arbeitet Maja Bahrke an der Professur für Kommunikationsmanagement in der Lehre und Forschung. Als Projektmanagerin der Audio-Uni betreut sie die Studierenden und das Team hinter den Kulissen, die die Podcast-Episoden vorbereiten und produzieren.

 

Viktoria Heyer