Was machen Sie mit Medien, "MrWissen2go"?

Interview mit Mirko Drotschmann

Mirko Drotschmann ist als Gast der Diskussionsrunde beim Ostfalia Medienforum 2021 dabei. Natascha Jastrzemski und Emily Neumann haben im Interview mit ihm über das Thema Medienkompetenz, Filterbubbles und Co. gesprochen. Welche Erfahrungen hat Drotschmann mit Medienkompetenz gesammelt, was motiviert ihn bei seiner Arbeit mit Medien und welche Tipps hat er für Medienstudierende?

Mirko Drotschmann, alias “MrWissen2go” Bildnachweis: Mirko Drotschmann

Herr Drotschmann, eine direkte Frage zum Einstieg – welchem YouTube Kanal folgen Sie privat am liebsten?

Gute Frage, tatsächlich gibt es eine ganze Reihe an Kanälen, die ich sehr gern mag. Wenn ich mich für einen Kanal entscheiden müsste, dann wäre es der YouTube Kanal des Sportstudios, weil dort die Bundesliga Zusammenfassungen zu finden sind und ich mich dafür sehr interessiere. Das ist allerdings kein primäres YouTube Kanal Konzept. Wenn es ein YouTube Kanal sein muss, dann wäre es vermutlich Vsauce, ein englischsprachiger Wissenschaftskanal.

Auf Youtube sind Sie unter dem Namen MrWissen2go bekannt und haben mit Ihren Videos bestimmt schon einigen Schüler:innen das Lernen vereinfacht. Was ist Medienkompetenz für Sie und wo beschäftigen Sie sich bei Ihrer Arbeit damit, welche Erfahrungen haben Sie dazu vielleicht schon gesammelt? 

Medienkompetenz ist für mich die Fähigkeit, sich in unserer medialen Welt zu bewegen, damit meine ich insbesondere die digitale mediale Welt. Medienkompetenz ist insbesondere wichtig, wenn es um die Bewertung von Informationen geht, den Umgang mit den eigenen und Daten anderer und wenn es darum geht, wie wir miteinander kommunizieren. Das beschäftigt mich tatsächlich sehr in meiner Arbeit. Ich gebe u.a. Workshops für Schüler:innen und Lehrkräfte. Hier mache ich immer wieder Beobachtungen, dass es durchaus Wissenslücken gibt. Wie man sich in den entsprechenden digitalen medialen Räumen bewegt, ist für viele Neuland.

Als MrWissen2go thematisieren Sie politische und gesellschaftliche Themen. Mittlerweile hat Ihr Kanal 1,63 Millionen Abonnent:innen – was hat Sie dazu bewegt mit einem eigenen YouTube Kanal zu starten?

Bewegt hat mich insbesondere, dass YouTube eine Plattform ist, auf der man sehr unkompliziert Dinge veröffentlichen kann und auf der man in einem sehr engen Austausch mit seinen Zuschauer:innen steht. Das kannte ich so aus meiner Arbeit für die “konventionellen” Medien nicht. Ich habe vor meinem YouTube Kanal fürs Radio gearbeitet, fürs Fernsehen und auch für Zeitungen und dieser direkte Draht zu den Leuten, die sich anschauen, was man genau macht, der ist mir sehr wichtig und der hat mich von Anfang an begeistert. 

Ihre Videos werden tausendfach geklickt und erreichen ein breites, wohl eher jüngeres Publikum. Worauf achten Sie bei der Erstellung und Themensuche besonders? Wie ist die Resonanz auf Ihre Videos?

Für mich ist das wichtigste Prinzip, dass die produzierten Inhalte nicht für mich, sondern für die Leute, die meinen Kanal abonniert haben, sind. Deshalb ist auch die Auswahl der Themen sehr stark an dem orientiert, was die Leute sich wünschen. 70 bis 80 Prozent der Themen auf dem Kanal basieren oder orientieren sich an Zuschauer:innen Vorschlägen. Diese gehen fast immer einher mit aktuellen Themen und Entwicklungen. Ich stelle mir daraufhin die Frage, ob es von großer Interesse ist und wie hoch die Relevanz ist. In welcher Form berührt es die Leute, die sich die Videos anschauen? Das sind für mich die wichtigsten Kriterien. Die Resonanz auf die Videos ist dann immer besonders gut, wenn es Themen sind, die unter den Nägeln brennen und die für die Leute akut wichtig sind. Somit sind es häufig Themen, die sehr nah an ihrer Lebenswelt sind.

Was motiviert Sie bei Ihrer Arbeit, was treibt Sie an und welche Botschaft möchten Sie dabei vielleicht auch vermitteln?

Mich motiviert insbesondere, dass ich so viele Rückmeldungen zu dem bekomme, was ich mache. Es ist einfach toll zu sehen, welche Wirkungen das hat, was man veröffentlicht. Wenn man früher im Radio einen Beitrag gemacht hat, dann wurde der gesendet und man hat kaum eine Reaktion darauf bekommen. Manchmal gab es eine Studio Nachricht oder E-Mail, aber das war auch eher selten. Dieses unmittelbare Feedback ist eine Sache, die wirklich toll ist, mich motiviert und die mich immer wieder antreibt. Was mir dabei wichtig ist, dass ich die Leute dazu befähige, sich eine eigene Meinung zu bilden, unvoreingenommen und ohne, dass man sie in eine bestimmte Richtung bringt. Damit will ich auch ein Stückweit zur politischen Willensbildung beitragen – auch wenn das natürlich ein hehres Ziel ist. 

Der Titel des diesjährigen Medienforums ist „Medienkompetenz – Schlüsselqualifikation der digitalen Gesellschaft“. Auf Ihrem Kanal finden sich mehrere Videos zum Thema „Fake News“. Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten sehen Sie in diesem Punkt und was braucht es, um diese erfolgreich zu erkennen und umgehen?

Zentral ist für mich, dass jungen aber generell allen Menschen das nötige Handwerkszeug im Umgang mit potentiellen Falschmeldungen im Netz vermittelt wird. Dass man lernt, wie man Quellen prüft. Wie man schaut, wer der Urheber einer Information ist. Wie man einen Text oder eine Information auf ihre Sprache hin analysieren kann, um zu prüfen, ist diese Information, die da gegeben wird, überhaupt verlässlich und vertrauenswürdig? Die große Herausforderung ist, dies zu vermitteln. Ich glaube, es braucht einfach Medienkompetenz an Schulen, spätestens ab der 5. Klasse – im besten Fall sogar schon ab der 1. Klasse. Es ist meines Erachtens nicht möglich dies auf andere Schulfächer zu verteilen, so wie es momentan die Regel ist. Ich glaube aber auch, dass über die Schule hinaus Medienkompetenz vermittelt werden muss. In dem Fall ist es schwieriger die Leute zu adressieren. An Unis geht das noch, aber im weiteren Leben gibt es die Volkshochschulen und andere Bildungseinrichtungen, aber da muss man erstmal hingehen und das machen viele nicht. Deshalb ist es für mich wichtig, dass seriöse Medien transparent sind und offen arbeiten. Zeigen, wie sie vorgehen, um zu verdeutlichen, wie sie sich von den sogenannten “alternativen Medien” abheben.

Was können Menschen, wir alle in der digitalen Gesellschaft, selbst tun, um „Fake News“ und Filterblasen zu vermeiden?

Mit offenen Augen durch die Welt gehen! Kritisch sein, vorsichtig sein und Dinge hinterfragen. Das hilft schon sehr, um potentiellen Falschmeldungen auf die Schliche zu kommen. Um Filterblasen zu vermeiden hilft es über den Tellerrand hinaus zu schauen, indem man zum Beispiel Social Media Accounts folgt, die nicht der eigenen Meinung oder Geisteshaltung entsprechen um so auch andere Perspektiven im demokratischen Spektrum sehen zu können. Auch mit Menschen aus anderen Filterblasen kann man in Kontakt treten – nicht nur in Bezug auf die digitale Welt, sondern auch auf die reale Welt. Wie viele Journalist:innen wohnen in schicken Altbauwohnungen und bekommen gar nicht mit, wo es zum Beispiel in Ostdeutschland auf dem Land brennt und was die Themen der Menschen in den sozialen Brennpunkten sind und wie es bei Leuten aussieht, die nicht jeden Tag Bio essen, weil es einfach zu teuer ist. Ich glaube, dass wir alle gut daran tun, wenn wir über unseren eigenen Tellerrand hinaus schauen und das eben nicht nur im digitalen. 

Wir dürfen Sie als Gast der Diskussionsrunden beim diesjährigen Medienforum begrüßen. Worauf freuen Sie sich vielleicht schon?

Ich freue mich generell sehr auf den Austausch, weil das Thema Medienkompetenz für mich eines der zentralen Themen ist, wenn es um Digitalisierung geht. Deshalb begrüße ich es sehr, dass es als Oberthema des Medienforums gewählt wurde und ich bin sehr interessiert an einem angeregten Austausch, an anderen Perspektiven und Positionen und ich freue mich dabei sein zu dürfen.

An der Ostfalia Hochschule gibt es u.a. die Studiengängen Medienkommunikation, Medienmanagement, Kommunikationsmanagement, sogar Mediendesign. Welche Tipps haben Sie für Medienstudierende, die sich für eine berufliche Zukunft im Bereich der Arbeit mit Medien interessieren?

Mein Tipp Nummer 1: Sammelt praktische Erfahrung! Es ist schön, einen theoretischen Unterbau zu bilden und zu wissen, wie gewisse Dinge laufen. Aber man muss dies auch anwenden können und es bringt meines Erachtens wenig, sich lediglich Theorie reinzupauken aber diese Theorie nie in die Tat umzusetzen. Man sollte auch schon, wenn man etwas derartiges studiert ungefähr wissen, wohin die Reise gehen soll, im besten Fall bevor man das Studium anfängt, damit man gezielt darauf hinarbeiten und Dinge ausprobieren kann! Einfach mal machen, scheitern kann man zwar, aber es ist nicht schlimm – finde ich zumindest. Es gibt so viele Möglichkeiten, gerade in den sozialen Netzwerken auch mal selbst medial aktiv zu werden, diese Möglichkeiten hatten vorangegangene Generationen nicht – also probiert euch aus und lasst euch nicht entmutigen!

Vielen Dank für das Interview!

Zur Person

Moderator, Redakteur, Journalist, Podcaster – YouTuber! Mirko Drotschmann greift auf seinem YouTube Kanal “MrWissen2go”, der zum digitalen online Aufgebot von funk, ARD und ZDF zählt, erzählerisch aktuelle politische, gesellschaftliche sowie geschichtliche Themen auf und das mit sichtlichem Erfolg: Mittlerweile folgen seinem Account rund 1,63 Millionen Abonnent:innen. Wöchentlich ordnet der bekennende KFC-Fußball-Fan alltagsrelevante Themen ein, kommentiert aktuelle Themen und agiert als einer der erfolgreichsten Wissensvermittler auf YouTube. Dem vorangestellt absolvierte der 35-Jährige ein Volontariat beim SWR, moderierte das ZDF Kindermagazin logo! und stand für insgesamt vier Sendungen der Dokumentationsreihe Terra X vor der TV Kamera. Schon gewusst? Zur Bundestagswahl 2021 interviewte Drotschmann im Rahmen des Formats “Kreuzverhör” unter anderem die Politiker Jens Spahn und Christian Lindner. 

Natascha Jastrzemski und Emily Neumann